Sojaprodukte werden immer beliebter – und das nicht nur bei Vegetariern und Veganern. Im Supermarkt gibt es Regale voller Fleischalternativen, Joghurt aus Soja, Sojadrink, Tofu und Co. Doch kann man Sojaprodukte bedenkenlos in größeren Mengen essen? Und wie wirkt Soja im Körper?
Ich möchte dir in diesem Beitrag einen Einblick in die Sojabohne und die daraus hergestellten Lebensmitteln geben: Was steckt drin, wie beeinflusst Soja die Hormone und was ist dran an den viel besprochenen gesundheitlichen Effekten?
Die Sojabohne und ihre Inhaltsstoffe
Die Sojabohne ist eine Hülsenfrucht und mit Kidneybohnen und Kichererbsen verwandt. Sie ist eine der wichtigsten Nutzpflanzen überhaupt und wird nicht nur in der Futtermittelindustrie verwendet, sondern auch zu Tofu, Öl, Tempeh und Sojadrink verarbeitet. Sicherlich hast du eine dieser Varianten davon schon probiert.
Nährstoffe
Soja liefert besonders hochwertiges Protein und Fett, überdurchschnittlich viel Kalium, reichlich Eisen und enthält eine Vielzahl sekundärer Pflanzenstoffe mit anticancerogener, Blutglucose-regulierender und entzündungshemmender Wirkung. Die folgende Tabelle verschafft dir einen Überblick über die Inhaltsstoffe der Sojabohne:
Durch den hohen Anteil an essenziellen Aminosäuren (Aminosäuren, die der Körper nicht selbst bilden kann und deshalb über die Nahrung zugeführt werden müssen), können tierische Proteinquellen durch Sojaprotein durchaus ersetzt werden. Schon vor Jahrhunderten haben Asiaten Produkte aus Sojabohnen durch die Verwendung von Bakterien und Pilzen hergestellt, z. B. Sojadrink, -quark, -joghurt und Tofu. Soja wird auch als Würze in Form von Sojasaucen genutzt, welche durch Fermentation entstehen. Bei der Fermentation werden sowohl unverdauliche Protein- und Zuckeranteile, als auch schädliche Inhaltsstoffe der Sojabohne abgebaut und der Vitamingehalt erhöht [1].
Phytoöstrogene in Soja
Phytoöstrogene sind sekundäre Pflanzenstoffe, die drei Klassen angehören: Isoflavone, Lignane und Coumestane. Diese können im Körper eine hormonähnliche Wirkung entfalten. Einen besonders hohen Gehalt an Isoflavonen hat die Sojabohne, weshalb ich in diesem Artikel genauer darauf eingehen werde. Durch Fermentationsprozesse wie bei Miso erhöht sich sowohl die Konzentration von Phytoöstrogenen, als auch die Bioverfügbarkeit [6]. Die Lebensmittel mit einem sehr hohen Gehalt findest du in dieser Tabelle:
Soja – Aktuelle Zahlen
- 80 % des Soja dient als Futtermittel für Tiere
- Die Sojaproduktion ist von 1960 bis 2009 um knapp das 10fache gestiegen (von 24 Mio. auf 230 Mio. Tonnen) [2]
- Der Pro-Kopf-Konsum von Soja in Österreich lag 2006 bei 1,2 kg und stieg 2017 auf 2,6 kg [3]
- Die Erntemenge von Soja weltweit beträgt 215,83 Tonnen in 2004/05 und bereits 351 Tonnen in 2016/17 [4]
Es ist ein deutlicher Anstieg des Sojakonsums in Europa und der Erntemenge weltweit zu sehen. Wie du sicherlich auch schon festgestellt hast, gibt es monatlich immer neue vegane und vegetarische Ersatzprodukte aus Soja. Der Anstieg für diese Produkte ist jedoch prozentual vergleichsweise niedrig. Da 80 % des Sojas als Tierfutter genutzt wird und die Massentierhaltung immer mehr wird, muss natürlich mehr Soja produziert werden. Für Menschen in armen Ländern ist Soja ein wichtiger Bestandteil der Ernährung, sodass für sie immer weniger übrig bleibt.
Sojaprodukte und Wechselwirkung
Die Sojabohne und deren Inhaltsstoffe werden mit verschiedenen Krankheiten assoziiert. Dabei kann sie sowohl positive, als auch negative Auswirkungen haben. Im Folgenden möchte ich auf die am besten erforschten Wechselwirkungen eingehen.
Brustkrebs
In den letzten Jahren wurden einige Studien durchgeführt, die den Zusammenhang von Sojakonsum und Brustkrebsprävention untersucht haben. Es wurde gezeigt, dass Sojaprodukte das Risiko für das Wiederauftreten von Brustkrebs signifikant reduzieren können. Gerade Frauen mit Polymorphismen in den Genen (sind assoziiert mit Brustkrebs) sollen besonders von Soja, genauer vom Soja-Isoflavon profitieren [5].
Weiterhin kann ein erhöhter Sojakonsum im Erwachsenenalter das Risiko für prämenopausalen (vor der Menopause) Brustkrebs reduzieren. Es wurde jedoch kein Zusammenhang zu postmenopausalem Brustkrebs gefunden [7]. Soja und insbesondere Isoflavone können nicht nur das Risiko reduzieren, sondern haben auch einen protektiven Effekt bei Frauen, die zuvor Isoflavone supplementiert haben. Es wurde die Aufhebung proliferationsfördernder Effekte von Estradiol an Krebszellen festgestellt [8]. Soja hat also viele positiven Aspekte in Bezug auf Brustkrebsprävention.
Menopause
Sojakonsum wird oft mit dem Einfluss auf die Menopause in Verbindung gebracht. Tatsächlich wurde in vielen Studien herausgefunden, dass Sojaprodukte und das darin enthaltene Isoflavon einen direkten Einfluss haben können.
So wurde eine statistisch signifikante Verbesserung der Wechseljahrsbeschwerden festgestellt, welche anhand von Frequenz der Hitzewallungen und der Greene Climacteric Scale (Fragebogen, in welchem die Symptome vor und nach der Menopause aufgeführt werden. Dabei werden 3 Gruppen unterschieden: Psychologisch, physiologisch und vasomotorisch) nachgewiesen [9].
Dieser Nutzen wurde auch in weiteren Untersuchungen bestätigt [10]. Menopausale Symptome wie Angstzustände, Depression und sexuelle Dysfunktionen konnten durch eine tägliche Zufuhr in Form von Supplementen von 100 mg Sojaisoflavonen und 500 mg Calcium gesenkt werden [11].
Es wurden keine negativen Effekte in Bezug auf diese Faktoren gefunden, sodass Frauen in ihren Wechseljahren Sojaprodukte in möglichst unverarbeiteter Form (Tofu, Miso, Tempeh) verzehren können. Die Internationale Menopausegesellschaft hat Isoflavone in Soja als “wirkungsvolle Alternative und Ergänzung zur Behandlung der Symptome von Meno- und Prämenopause” eingestuft. Dieser Aussage stimmen deutsche Experten für Gynäkologie zu [12, 13]. Bei Schilddrüsenerkrankungen sollte allerdings zuvor eine Einnahme von Supplementen mit dem Arzt abgesprochen werden.
Schilddrüse
Sojakonsum kann nicht nur das Hormonsystem in Hinblick auf Brustkrebs oder menopausalen Beschwerden beeinflussen, sondern auch die Schilddrüse. In Studien konnte gezeigt werden, dass ein übermäßiger Konsum an Sojaprodukten aufgrund der Isoflavone womöglich zu einem erhöhten Spiegel von Schilddrüsenhormonen führen kann. Dies wirkt sich besonders auf Erwachsene mit einer Schilddrüsenunterfunktion aus [14].
Für Menschen mit einer Prädisposition kann sogar das Risiko, eine Schilddrüsenunterfunktion zu entwickeln, steigen. Der Anstieg von TSH (Schilddrüsenhormon) wurde in einer Studie jedoch nur bei Frauen und nicht bei Männern beobachtet [15]. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass die Probanden und Probandinnen zur Zeit der Untersuchung keine Schilddrüsenmedikamente einnahmen.
In einem Interview wies der Endokrinologe Andrew Weil jedoch darauf hin, dass Sojaprodukte wie Tofu, Tempeh oder reine Sojabohnen eine niedrigere Konzentration von Isoflavonen haben im Vergleich zu Supplementen und die Schilddrüse bei gesunden Menschen nicht beeinflussen. Eine Vorerkrankung oder ein Jodmangel können aber durch einen hohen Konsum von Sojaprodukten die Schilddrüsenfunktion beeinflussen, vor allem wenn Isoflavone über Supplemente aufgenommen werden [16].
Wenn du Schilddrüsenprobleme hast, solltest du den Sojakonsum reduzieren und eher auf Tofu, Sojabohnen oder Tempeh zurückgreifen. Einige Experten sind aber der Meinung, dass ein normaler Sojakonsum nicht das Problem sei, sondern eher der Überkonsum und das mit Gentechnik veränderte Soja [17]. Übrigens sind Hersteller in Deutschland dazu verpflichtet, Gentechnik verändertes Soja zu deklarieren.
Geschlechtsreifung
In einer aktuellen Studie von 2018 wurde untersucht, ob Soja einen Einfluss auf die Geschlechtsreifung von Jungen und Mädchen im vorpubertierenden Alter hat. Dafür wurden ihnen über 12 Monate täglich ein Supplement auf Sojabasis verabreicht. Am Ende wurde jedoch keine signifikanten Auswirkungen in Bezug auf die Geschlechtsreifung oder den früh- bzw. spätzeitigen Beginn der Pubertät festgestellt. Lediglich eine Schwankung der fettfreien Körpermasse konnte nachgewiesen werden, was nicht zwangsläufig mit der Gabe von Soja zusammenhängen muss [18].
Sojaunverträglichkeit und Sojaallergie
Wie bei jedem Allergen gibt es Menschen, die sensibel auf Soja reagieren – etwa 0,3 % der Deutschen sind davon betroffen [19]. Daher ist es wichtig den Konsum zu minimieren oder Soja komplett zu meiden. Die Toleranzgrenze ist individuell und sollte vor dem Verzicht getestet werden. Auch wenn du allergisch oder sensibel auf Soja reagierst, gibt es sehr viele sojafreie Optionen. Ein paar Rezepte findest du auf unserem Blog, z. B.
Weitere Soja- und/oder Glutenfreie Rezepte habe ich auch in meinem eBook »So schmeckt vegan« zusammengestellt, die absolut kein Verzicht bedeuten.
Fazit
Ist Soja gesund oder ungesund? Gibt es Einflüsse auf den Hormonhaushalt und wie wirken sich diese aus? Wir haben uns die Inhaltsstoffe der Sojabohne und aktuellen Zahlen zum Sojakonsum angesehen. Außerdem habe ich dir Studien vorgestellt und das Ergebnis ist wenig überraschend: Es ist kompliziert.
Die Produktion und der Konsum von Soja steigen weltweit, teilweise mit dem Nachteil, dass viele Produktionen gentechnisch verändert sind, Regenwald dafür abgeholzt wird und armen Menschen indirekt das Essen weggenommen wird.
Und gesundheitliche Aspekte? Die aktuelle Studienlage zeigt: Wenig verarbeitete Sojaprodukte wie Tofu, Tempeh, Sojadrink (ohne Zuckerzusatz) oder Sojabohnen kannst du ohne größere Bedenken essen. Aber bei Schilddrüsenerkrankungen oder Unverträglichkeiten ist Vorsicht geboten. Hast du eine Schilddrüsenunterfunktion oder Prädispositionen dafür, achte auf eine ausrechende Jodzufuhr, sonst können dir auch ein paar Sojawürstchen beim Grillen schaden. Auch der Supplementation von isolierten Isoflavonen ist ohne ärztliche Aufsicht abzuraten und eher in Bezug auf Wechseljahrsbeschwerden anzuwenden.
Wie gesagt: Es ist kompliziert. Wenn du fit und gesund bist schadet Soja aller Wahrscheinlichkeit nicht – auch bei Sojaprodukten kommt es eben auf die Menge an.
Quellen und Literatur zum Weiterlesen
[1] Spektrum: Lexikon der Biologie. Stichwort: Sojabohne. Online abgerufen am 30.05.18: http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/sojabohne/61960
[2] WWF Deutschland. Soja als Futtermittel. Online abgerufen am 30.05.18: http://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/fleisch/soja-als-futtermittel/
[3] Statistik Austria. Versorgungsbilanzen. Online abgerufen am 30.05.18: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/land_und_forstwirtschaft/preise_bilanzen/versorgungsbilanzen/index.html
[4] USDA Foreign Agricultural Service. Erntemenge von Sojabohnen weltweit in den Jahren 2004/05 bis 2017/18 (in Millionen Tonnen). Online abgerufen am 20.05.18: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/218940/umfrage/produktionsmenge-von-sojabohnen-weltweit/
[5] Magee, P. J., Rowland, I. (2012) Soy products in the management of breast cancer. In: Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care. Vol. 15, Iss. 6, pp. 586–519
[6] Danz, A. (2015) In: UGBforum spezial. Gut durch die Wechseljahre, S. 20-22
[7] Lee, S. A. et al. (2009) Adolescent and adult soy food intake and breast cancer risk: results from the Shanghai Women’s Health Study. In: Am J Clin Nutrition. Vol. 89, Iss. 6, pp. 1920–1926
[8] Imhof, M., Molzer, S., Imhof, M. (2008) Supplementation of soy isoflavones protects from 17b-estradiol-induced proliferation of MCF-7 breast cancer cells. In: Toxicol in Vitro. Vol. 22, Iss. 6, pp. 1456-1460
[9] Nahas, P. et al. (2004) Benefits of soy germ isoflavones in postmenopausal women with contraindication for conventional hormone replacement therapy. In: Maturitas. Vol. 48, Iss. 4, pp. 372-380
[10] Nelson H. D. et al. (2006) Nonhormonal therapies for menopausal hot flashes: systematic review and meta-analysis. In: Journal of the American Medical Association. Vol. 13, Iss. 5, pp. 831-839
[11] Wratsangka, R., Mayasari, A. C. (2013) Soy-isoflavone supplementation tends to reduce menopausal symptoms in postmenopausal women. In: Universa Medicina. Vol. 32, Iss. 2, pp. 118-127
[12] Positionspapier der Internationalen und Österreichischen Menopausegesellschaft (2017) Sekretariat Österreichische Menopausegesellschaft
[13] Schindler, A. E. (2006) Wie sinnvoll ist die Kombination von Sexualsteroiden und Phytohormonen? In: Gyne. Nr. 4, S. 82-84
[14] Messina, M., Redmond, G. (2006) Effects of soy protein and soybean isoflavones on thyroid function in healthy adults and hypothyroid patients: a review of the relevant literature. In: Thyroid – official journal of the American Thyroid Association. Vol. 16, Iss. 3, pp. 249-258
[15] Tonstad, S. et al. (2016) The association between soya consumption and serum thyroid-stimulating hormone concentrations in the Adventist Health Study-2. In: Public Health Nutrition. Vol. 19, Iss. 8, pp. 1464-1470
[16] Schmidt, M. (2008) Soja-Isoflavone bei Wechseljahrsbeschwerden. In: Deutsche Apotheker Zeitung. Nr. 32, S. 45.
[17] Shomon, M. (2018) Soy and the Thyroid: A Look at the Controversies. In: Verywellhealth
[18] Duitama, S. M. (2018) Soy protein supplement intake for 12 months has no effect on secual maturation and may improve nutritional status in pre-pubertal children. In: Journal of Paediatrics and Child Health.
[19] European Centre of Allergy Research Foundation (2016) Sojaallergie. Online abgerufen am 28.06.18: https://www.ecarf.org/info-portal/allergien/sojaallergie/
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Pauline Schirmer
Ein wirklich unheimlich informativer Beitrag! Wie immer 🙂
Auf eurem Blog kann ich wirklich immer etwas lernen!
Ich esse unheimlich gerne Tofu oder andere Sojaprodukte, aber wie alles in Maßen 🙂 Ich denke das ist sowieso immer das wichtigste und natürlich in guter Qualität!
Liebste Grüße
Pauline <3
https://mind-wanderer.com/category/health/
Laura Merten
Liebe Pauline,
vielen vielen Dank für das Kompliment! Ich freue mich sehr, dass dir unsere Beiträge so gut gefallen 🙂
Ja, in Maßen ist Tofu kein Problem, wenn du keine Allergie oder Unverträglichkeit hast. Und die Qualität spielt ebenfalls eine Rolle wie du sagst.
Liebe Grüße zurück
Laura