Nahrungsergänzung ist zum Volkssport mutiert. Diesen Eindruck bekommt man, wenn man sich auf Instagram oder YouTube umschaut und im Fitnessstudio mit jemandem ins Gespräch kommt. Dass Supplements keine Allheilmittel, sondern im besten Fall ergänzend zur Ernährung wirken, vergessen viele Menschen.
Und immer wieder hören wir das Argument: »Da kann ja nichts passieren.« Doch! Da kann was passieren. Und zwar dann, wenn man einfach alles in sich reinpfeffert, was irgendein Influencer empfiehlt oder ein Werbeplakat anpreist.
Deshalb will ich im Folgenden versuchen, das kleine Einmaleins des sinnvollen Supplementierens vorzustellen. Es gibt nämlich einiges zu beachten, damit Nahrungsergänzungsmittel wirken können!
Das 1 x 1 der Nahrungsergänzung
1. Kenne deinen Versorgungszustand
Ich bin immer wieder erschrocken, wie wenig Menschen über ihren Versorgungszustand wissen. Nicht selten sind die, die am wenigsten wissen, die, die am meisten supplementieren. Dann werden entweder Multi-Präparate genommen, deren Dosierung einzelner Stoffe jenseits von gut und böse ist. Oder morgens wird sich ein Pillenarsenal eingeschmissen, das man in Etappen runterschlucken muss, so viele Tabletten sind es.
Und dabei ist es so einfach: Regelmäßig das Blut checken lassen.
Ja, das kostet Zeit. Und ja, das kostet Geld. Aber sinnlose (und ggf. überdosierte) Supplements einzunehmen ist auch teuer und kann schaden.
Und noch was: Nicht alle Mikronährstoffe lassen sich im Blut valide nachweisen. Zink und Calcium sind Paradebeispiele dafür. Deren Status lässt sich mittels einfacher Blutprobe nicht einwandfrei klären, da der Körper bestrebt ist, den Serumwert weitgehend konstant zu halten.
2. Die Mär von »viel hilft viel«
»Viel hilft viel«, wenn du einen diagnostizierten Mangel hast und bspw. dein Vitamin-D-Wert im Winter so weit im Keller ist, dass er die Skala in Negativrichtung schon fast verlassen hat. Dann hilft viel (über einen festgelegten Zeitraum) viel.
Irgendein Nahrungsergänzungsmittel grundlos in hohen Dosen einzunehmen, hilft nicht viel. Es wird zwar »viel Effekt« haben, aber keinen guten.
3. Sei vorsichtig bei Pauschalaussagen
»Jeder muss Vitamin C supplementieren« ist genauso falsch wie: »Jeder muss ein iPhone haben.«
»Alle Menschen brauchen ein Vitamin-E-Präparat« ist so nah an der Wahrheit wie: »Jeder Autofahrer muss ein Mal wöchentlich tanken.«
Beides Schwachsinn. Aber beides klingt gut. Und beides wird leider viel zu oft – gerade im Internet – propagiert.
Dass nicht jeder Autofahrer wöchentlich tanken muss, leuchtet sofort ein. Logisch, denn nicht jeder Autofahrer fährt gleich schnell, gleich weit, gleich oft. Warum dann auf Pauschalaussagen in Bezug auf deinen Körper hören? Das ist zwar bequem und klingt manchmal plausibel – und ist von mir aus manchmal auch zutreffend. Aber das ist die Ausnahme.
Sei auch vor allem vorsichtig bei Formulierungen wie: »Bei Symptom A, brauchst du Supplement B.«
- Symptome können nur in Einzelfällen exakt und zweifelsfrei einem isolierten Nährstoff zugesprochen werden.
- Wir reden uns Symptome manchmal ein.
- Ein Symptom kommt selten allein. Meist handelt es sich um ein Potpourri verschiedener Symptome.
Anmerkung: Es gibt Ausnahmen. So haben verschiedene Staaten (auch Deutschland) irgendwann die Pauschalaussage getroffen: »Wir sind ein Jodmangelgebiet – also lasst uns flächendeckend supplementieren!« Das geschah in der Folge dann über Salz, weil man einen Jodträger brauchte, der von möglichst allen Deutschen regelmäßig konsumiert wird.
Auch Vitamin D ist in den Monaten Oktober bis März eine solche Ausnahme. Hältst du dich während dieser Zeit nicht gerade in den Tropen auf oder besuchst regelmäßig ein Solarium, ist der Mangel fast schon garantiert.
4. Beachte Wechselwirkungen
Wusstest du, dass eine übermäßige Zink-Supplementierung zu Kupfermangel führen kann? Oder dass Magnesium und Calcium in einer wechselseitigen Beziehung zueinander stehen? Für Nahrungsergänzungsmittel heißt das: Nimmst du X, um deinen Versorgungsstatus aufzupolieren, kann es zu einem Mangel an Y führen.
Typische Wechselwirkungen von Mineralstoffen (und Vitaminen):
Eisen <–> Calcium
Calcium <–> Magnesium
Magnesium <–> Kalium
Magnesium <–> Natrium
Zink <–> Kupfer
Chrom <–> Ascorbinsäure
Chrom <–> Eisen
Nun könnte man das als Argument für Multi-Präparate anführen, deren Dosierung im besten Falle solche Wechselwirkungen berücksichtigt. Aber Vorsicht, denn wie schon gesagt, kann es dann sehr gut sein, dass du etwas überdosierst, das du gar nicht brauchst. Allein aus diesem Grund, bin ich kein Freund von Multi-Präparaten.
5. Beachte Wechselwirkungen mit Medikamenten
Vitamine und Mineralstoffe können sich nicht nur untereinander beeinflussen. Auch wer Medikamente einnimmt, muss sich darüber im Klaren sein, dass Zusatzstoffe (v.a. pflanzlicher Natur) in Nahrungsergänzungsmitteln die Wirksamkeit von Arzneimitteln beinträchtigen kann.
6. Beachte Wechselwirkungen mit Nahrung und Genussmitteln
Die Eisen-Tablette zum morgendlichen Kaffee einzunehmen macht keinen Sinn. Denn Koffein hemmt die Eisenaufnahme beträchtlich. Eine große Paprika oder Orange dazu und Schwups, der Effekt ist umgekehrt. Vitamin C verbessert nämlich die Aufnahme von Eisen – insbesondere der Form, die in Pflanzen überwiegt.
7. Keine Panik
Obwohl es anders rüberkommen mag, will ich keine Panik verbreiten. Wenn du gezielt ergänzt, also (d)einen Mehrbedarf ausfindig gemacht hast, ist Nahrungsergänzung sinnvoll. Aber du siehst: Das Thema ist komplex. Und deshalb ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen. Schließlich soll Nahrungsergänzung vor allem effektiv und ungefährlich sein.
FAQ zum Thema Supplements
Gibt es ein Supplement, das die Schilddrüsenfunktion unterstützt?
Ja. Oft hängen Fehlfunktionen der Schilddrüse mit einem Jodmangel oder Jodüberschuss zusammen. Das heißt: Jod kann in dem Fall die Schilddrüse unterstützen. Genauso wie Selen übrigens, das vor allem in Paranüssen steckt, und ebenfalls im Stoffwechsel der Schilddrüse eine wichtige Rolle spielt.
Gibt es Unterschiede in der Qualität – vor allem bezüglich Preis?
Absolut. Ich würde immer von Billig-Präparaten abraten – vor allem aus Nicht-EU-Staaten. Dort ist die Regulierung bei weitem nicht so streng, wie hierzulande. Das fängt bei der Dosierung an und endet bei hygienischen Bestimmungen. Deshalb nehmen wir selbst wann immer möglich Präparate, die in Deutschland hergestellt wurden.
Natürlich kann man als Verbraucher auch dann nicht jeden Inhaltsstoff bis zu Quelle nachweisen, aber zumindest unterliegt die Produktion dann den hiesigen Standards.
Macht es Sinn, Vitamin D und Calcium bei Osteoporose zu supplementieren?
Unbedingt. Vitamin D und Calcium spielen eine entscheidende Rolle bei der Mineralisierung der Knochen. Kommt einer der beiden Stoffe zu kurz – im schlimmsten Falle beide –, riskiert man ernsthafte gesundheitliche Beschwerden.
Deshalb: Lass‘ deinen Vitamin-D-Spiegel regelmäßig testen und ergänze wenn nötig.
Bei Calcium ist das Ganze schon komplizierter. Denn der Serumwert dürfte in den allermeisten Fällen im Normbereich liegen – auch wenn die Knochen schon porös sind. Das liegt daran, dass unser Körper bestrebt ist, den Calcium-Blutwert konstant zu halten und falls nötig Calcium aus den Knochen abbaut, um einen niedrigen Blutwert auszugleichen.
Welche Supplements nehmt ihr regelmäßig?
Wir nehmen folgende Supplements regelmäßig:
- Vitamin D
Wir kennen unseren Versorgungsstatus und supplementieren entsprechend. Vor allem im Winter bekommt in Deutschland fast niemand ausreichend Vitamin D ab. Wir nehmen aktuell dieses Vitamin-D-Präparat. - Vitamin B12
Als Veganer nehmen wir regelmäßig Vitamin B12 und empfehlen es auch jedem, der schon länger vegan isst. Wir nehmen seit wir vegan sind dieses B12-Supplement. - Jod
Wir essen keinen jodhaltigen Seefisch und nutzen kein jodiertes Speisesalz. Deshalb nehmen wir zusätzlich Jod aus Algen in Tablettenform. - DHA und EPA Fettsäuren
Wir essen zwar Leinsamen und andere Lebensmittel, die alpha-Linolensäure enthalten, aber wissen um die vergleichsweise schlechte Umwandlungsrate in weitere Omega-3-Formen. Deshalb ergänzen wir regelmäßig DHA und EPA – beides Omega-3-Fettsäuren. Im Artikel über die einzelnen Nährstoffe kannst du mehr darüber erfahren. Wir nehmen meist dieses Omega-3-Präparat. - Eisen
Wenn Laura ihre Periode (erhöht den Eisenbedarf) hat, nimmt sie ein Eisen-Parapärat mit zusätzlichem Vitamin C. Letzteres fördert die Aufnahme von Eisen und macht somit bei der Ergänzung von Eisen Sinn. Als sie noch Zink wegen ihrer Haut genommen hat, musste sie darauf achten, Zink und Eisen nicht zeitgleich einzunehmen.
Wichtig: Über unsere Dosierung will ich an dieser Stelle nicht sprechen, da ansonsten die Möglichkeit besteht, dass sie von Lesern und Leserinnen einfach übernommen wird.
Andere Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Proteinpulver) nehmen wir unregelmäßig. Zusätzliches Protein nehmen wir beispielsweise dann, wenn wir wissen, dass wir am entsprechenden Tag kein ausgewogenes Aminosäure-Profil zu uns nehmen – und das womöglich über mehrere Tage.
Soweit das meiner Meinung nach Wichtigste in Kürze zum Thema Supplements. Lass‘ gerne eine Frage oder weitere Ergänzungen in den Kommentaren da!
Bis bald
Jan
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Vielen Dank für die Information! Ich esse weniger Vitamin und Ich will gesunder sein. Ich werde für die richtig Mineralstoffen aufpassen als Ich Lebensmittel einkaufen!
Gerne 🙂 Meintest du, du isst mehr Vitamine?
Liebe Grüße
Laura
Was kann man dann tun wegen Calcium? Baut sich Calcium nicht auch ab wenn ich Vitamin D einnehme? Und generell ist Vitamin D3 ja auch eher ein Hormon als ein Vitamin… wenn ich das richtig recherchiert habe. Wie steht ihr dazu? Interessant, dass Eisen und Calcium auch eine Wechselwirkung haben können. Hast du einen Tipp wo man wirklich gute Infos zu diesen Themen bekommt?
Hey,
also das aus Vitamin D3 abgeleitete Hormon spielt tatsächlich eine wichtige Rolle bei der Knochenmineralisierung. Bei der Einnahme hoher Dosen Vitamin D empfiehlt sich die zusätzliche Einnahme von Vitamin K2. Bezüglich der Wechselwirkungen findest du sehr gute Informationen in Standardliteratur wie »Ernährung des Menschen«.
Liebe Grüße
Hallo ihr beiden:)
Ihr schreibt immer davon, dass man seinen Versorgungszustand kennen soll. Aber wo kann man denn einen Bluttest machen der einem diese Informationen gibt? Eine normale Blutuntersuchung beim Arzt testet ja erstmal andere Sachen… Und welche Werte sollte man am besten genau testen lassen?
Hi Theresa,
eine Blutuntersuchung kannst du beim Hausarzt veranlassen. Beim normalen Checkup werden normalerweise keine besonders ernährungsrelevanten Werte bestimmt, aber die kannst du – je nach Bedarf und Interesse – „dazu buchen“. Wenn es Grund zur Annahme gibt, dass du z.B. einen B12-Mangel hast (ständig müde etc.), kann dein Arzt auch veranlassen, diese Kosten von der Krankenkasse übernehmen zu lassen. Ansonsten zahlst du selbst. Wonach du dein Blut checken lässt, richtet sich nach Budget und Bedarf.
Liebe Grüße
Jan
Ich glaube, dass Nahrungsergänzungsmittel eine wichtige Ergänzung zu meinem täglichen Speiseplan. Im Internet habe ich auch hunderte Berichte verschiedenster Quellen gefunden, dass im Winter man Vitamin D sich nehmen sollte. Vielen Dank, dass Du auch über Vitamin D so detailliert geschrieben hast. Ich werde zur nächsten Apotheke gehen, um meine eigene Vitamin D zu kaufen.