Laut Duden erhebt ein Dogma »den Anspruch der absoluten Gültigkeit«. Nichts anderes ist es, wenn jemand sagt: »Veganismus ist die einzig wahre Lebensform.« Warum ich als Veganer nichts mit dem Vegan Dogma zu tun haben will, möchte ich hier erklären.
Gibt es so etwas wie das »Vegan Dogma« überhaupt? Leider ja. Es ist der Grund, warum ich schon vor einiger Zeit aufgehört habe, aktiv in größeren Facebook-Gruppen zum Thema Veganismus zu sein. Was man dort liest, hat absolut nichts mit dem zu tun, was ich mit Veganismus verbinde: Mitgefühl, Toleranz, Spaß.
Sogar untereinander wird sich die Moralkeule übergehauen. Warum? Das habe ich an anderer Stelle versucht in aller Kürze zu beantworten.
Wie kannst du nur?
Dogmen sind unsexy. Sie wirken auf Außenstehende der jeweiligen Ideologie abstoßend und sind sicherlich kein Grund, der veganen Lebensweise Gehör zu schenken. Sogar wir, die seit 2013 als vegane Blogger in allen möglichen sozialen Netzwerken unterwegs sind, werden angeprangert:
»Ihr unterstützt [Marke, die vegane und nicht-vegane Produkte anbietet]?! Schämt euch!«
»Ihr trinkt Pflanzendrinks mit jeder Menge unnötigen Zusätzen?! Schämt euch!«
»Ihr kauft Bio-Lebensmittel, die in Plastik verpackt sind?! Schämt euch!«
Ja, wir unterstützen Marken, die auf den veganen Zug aufgesprungen sind. Wir wollen ihnen zeigen: »Wir finden euren neuen Kurs gut. Weiter so!« Ja, wir trinken Pflanzendrinks, in denen nicht nur 2 Zutaten drin sind. Und ja, Bio-Lebensmittel sind oft in Plastik verpackt. Damit passen wir zwar nicht in ein ideologisches Konzept, fühlen uns aber gut dabei. So what?
Veganes Dogma und Wissenschaft
Leute vom Veganismus überzeugen zu wollen, ist super. Jemanden mit Aussagen zu überzeugen, die auf falsch interpretierten Studien beruhen, ist schlecht. Das wirkt nicht nur unseriös, das ist auch unseriös. Ich will mit dem Beitrag auf keinen Fall zum Eigenbrötlertum aufrufen. Worüber ich allerdings sprechen will, ist die gefährliche Kombination aus einem Dogma und der Wissenschaft.
Seit wir Ökotrophologie studieren bekommen wir diesbezüglich einiges mit. Einige unserer Kommilitonen und Kommilitoninnen ernähren sich vegan, viele jedoch auch nicht. Und diese Unterschiede sind es, was das Studieren so spannend macht: Man bekommt Einblicke in die Meinungsbilder vieler verschiedener Menschen. Man tauscht sich aus. Man diskutiert. Man lernt.
Ein Dogma wird hier jedoch gefährlich. Leider bekommen wir mit, dass sich ein paar Veganer abkapseln. Sie leben nicht nur online in ihrer selbst errichteten Filterblase, sondern auch offline. Trifft das vegane Dogma dann auf die Wissenschaft, wird es kompliziert.
Dogmen schaffen Scheuklappen. Und Scheuklappen verfälschen wissenschaftliche Erkenntnisse.
Das sogenannte »Cherry Picking«, also das bewusste Aussuchen von Studien oder Studienzitaten, die die eigene Meinung untermauern – und das Ausblenden gegenteiliger Ergebnisse –, ist bei Weitem kein rein veganes Problem. Aber es ist eben auch ein Problem mancher Veganer.
Vegan Dogma: Ernährung und Militanz
Viel zu oft schon habe ich sinnlose Streitereien erlebt, bei denen es irgendwann nicht mehr um die Ernährung ging, sondern nur noch darum, seine Position zu verteidigen. Ungeachtet dessen, dass es in Ernährungsfragen ohnehin keinen heiligen Gral gibt, wird sich übereinander lustig gemacht, als wäre einem die »absolute Wahrheit« beim Brunch auf den Teller gefallen.
Das gilt übrigens auch für andere Ernährungsformen. Wenn zentrale Dinge unseres Alltags, mit denen wir unsere Identität definieren, Thema einer Debatte werden, kommen die festgefahrenen Überzeugungen zum Vorschein: die Lieblingsmannschaft, das Computer-Betriebssystem, die beste Automarke, die tollste Musikrichtung. Nicht die. Sondern deine.
Jedes Dogma ist ein gedankliches Korsett. Es trübt unseren Blick für das Fremde, kapselt uns ab, macht uns intolerant und ist eigennützig. Egal ob aus religiösen oder politischen Gründen – und erst recht der Ernährung wegen: Dogmen nerven.
Ein Dogma führt dazu, dass dem Dogma angehörige sich als eingeschworene Gesellschaft verstehen und Außenstehende auf ihr Nicht-Dazugehören reduzieren. Plötzlich werden Menschen in Veganer und Nicht-Veganer, Bayern- und Dortmundfans, Apple-Jünger und Windows-Dödel eingeteilt.
Dabei geht flöten, was uns alle verbindet: Menschlichkeit. Ungeachtet der Ernährungsweise, Lieblingsmannschaft oder Religion: Wir sind alles Menschen. Menschen, die sich aufgrund interner und externer Einflüsse verschiedenen Lebensweisen und Weltanschauungen zugehörig fühlen. Aber im Endeffekt sind wir trotzdem eins.
Wie stehst du dazu?
Bis bald,
Jan
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