Heute geht es um ein wichtiges und Tageszeitung-aktuelles Thema: Nährstoffmangel bei veganer Ernährung. Immer wieder liest, hört und sieht man Menschen, die vor Veganismus warnen. Der Tenor: Vegan ist ungesund, weil Nährstoffe zu kurz kommen. Doch stimmt das überhaupt?
Dieser Frage hat sich unser Freund Jasper in diesem Gastartikel angenommen. Der studierte Ernährungsberater Jasper Caven ist zusätzlich Personal Trainer und Buchautor (“Ernährung mit Plan” / hier als Hörbuch). Wenn er nicht gerade Videos für seinen Youtube Kanal dreht, hilft er seinen Kunden dabei überschüssige Kilos abzuspecken oder Muskelberge aufzubauen. Zusätzlich entwickelt er Lehrinhalte für staatlich anerkannte Ernährungsberater-Ausbildungen, um sein langjähriges Wissen weiterzugeben.
Go, Jasper:
Immer mehr Menschen ernähren sich vegan. Häufig wird jedoch betont, wie schwer es sei, alle wichtigen Nährstoffe abzudecken. Oft hört man “Veganer haben immer einen Nährstoffmangel”. Nicht selten muss man sich als Veganer den Fragen stellen, wie man denn nun sein Calcium abdeckt und ob man durch eine vegane Ernährung nicht an einem Eisenmangel leidet.
Ob es wirklich so schwer ist mit pflanzlichen Lebensmitteln alle essenziellen Nährstoffe abzudecken und welche Nährstoffe du näher unter die Lupe nehmen solltest, um einem Nährstoffmangel vorzubeugen, erfährst du jetzt.
So vermeidest du einen Nährstoffmangel
Das Wichtigste zuerst: Auch mit einer rein pflanzlichen Ernährung kannst du alle wichtigen Nährstoffe abdecken! Natürlich musst du hierbei auf einige besonders achten. Dies ist aber ganz normal! Schließlich müssen auch Mischköstler auf ihre Nährstoffzufuhr achten. Nicht ohne Grund wird immer wieder betont, dass man Milch trinken soll, um seinen Calciumbedarf zu decken und ähnliches. Dass Calcium jedoch auch in pflanzlichen Produkten steckt, wissen die wenigsten. Und vor allem durch welche einfachen Tricks man seine Nährstoffaufnahme optimiert und teilweise verdreifacht.
Im folgenden Text werden alle kritischen Nährstoffe bei einer veganen Ernährung aufgelistet und mit praktischen Tricks versehen. Wenn du dich daran hältst, wirst du keine Probleme mit einem Nährstoffmangel haben – trotz veganer Ernährung.
Eisen
Insbesondere Frauen leiden häufig an einem Eisenmangel. Da tierisches Eisen besser aufgenommen wird als pflanzliches, machen sich viele Menschen bei einer veganen Ernährung Sorgen um ihren Eisenhaushalt. Dies ist jedoch unbegründet. Es gibt reichlich pflanzliche Lebensmittel, welche Eisen enthalten. Dazu zählen:
- Kürbiskerne
- Haferflocken
- Obst
- Gemüse
- Vollkorngetreide
- Bohnen
- Kakaopulver
- Nüsse
Zusätzlich wird die Eisenaufnahme verdreifacht, wenn zu den oben stehenden Lebensmitteln Fruchtsäuren oder Vitamin C ergänzt wird. Eine Kombination aus Haferflocken und Beerenfrüchten wäre z.B. ideal.
Tatsächlich leiden Vegetarier häufiger unter einem Eisenmangel als Veganer. Dies liegt daran, dass Ei- und Milchprodukte die Eisenaufnahme hemmen. Dies gilt übrigens auch für Kaffee.
Calcium
In der normalen Bevölkerung zählen Milchprodukte zu den Calciumlieferanten Nummer 1. Dies sollte jedoch kritisch betrachtet werden. Milchprodukte und Fleisch übersäuern den Körper. Darum empfiehlt es sich auch als Mischköstler, einen hohen Gemüseanteil in die Ernährung einzubauen. Ansonsten muss der Körper Puffersysteme nutzen, um die Übersäuerung auszugleichen. Eins dieser Puffersysteme besteht darin, Calcium und Phosphat aus dem Knochen zu lösen und ins Blut abzugeben, um die Säurebelastung mit den Basen aus dem Knochen auszugleichen. In dem Fall liefern Milchprodukte zwar viel Calcium, verbrauchen jedoch auch Calcium. Dadurch können die Knochen sogar noch poröser werden.
Veganer haben meist automatisch einen höheren Anteil an Obst und Gemüse in ihrer Ernährung. Zusätzlich sollten sie jedoch gezielt Lebensmittel mit hohem Calciumgehalt verzehren. Dazu zählen:
- Mineralwasser
- Feigen
- Brokkoli
- Grünkohl
- Mandeln
- Tofu
Häufig werden auch Lebensmittel wie Sojajoghurt oder Sojamilch zusätzlich mit Calcium angereichert. Interessant hierbei ist, dass das Calcium aus der Sojamilch genauso gut aufgenommen wird, wie aus Kuhmilch.
Vitamin B12
Vitamin B12 ist wohl der am meisten kritisierte Nährstoff bei Veganern. Dies liegt daran, dass es tatsächlich der einzige Nährstoff ist, welchen Veganer nicht über eine rein pflanzliche Ernährung abdecken können. Wobei dies nicht ganz stimmt. Vitamin B12 wird nämlich eigentlich von Bakterien gebildet. Auch der Mensch hat diese Bakterien im Darm, nur leider an einer Stelle, wo er das gebildete Vitamin B12 nicht mehr aufnehmen kann. Würden Veganer jedoch ungewaschenes Getreide essen, könnten sie darüber theoretisch ihren Vitamin B12 Bedarf decken. Denn auch Tiere haben die nötigen Bakterien und scheiden Vitamin B12 aus. Wenn nun also Tiere aufs Feld koten, haftet Vitamin B12 an den Ähren. Das hört sich aber nicht gerade appetitlich an. Und neben Vitamin B12 kleben nun auch viele Krankheitserreger am Getreide. Da bevorzuge ich doch ein Vitamin B12 Präparat und kann mein Gemüse dafür gewaschen verzehren.
Mischköstler supplemetieren übrigens in der Regel auch Vitamin B12, sie wissen es nur nicht. Denn Fleischfresser beziehen ihr Vitamin B12 aus Fleisch (insbesondere Innereien) und Pflanzenfresser wie oben beschrieben. In der Massentierhaltung laufen die Tiere aber weder über das Feld noch bekommen sie Innereien zu fressen. Sie werden in erster Linie mit Soja, Mais und Getreide gemästet und darüber können sie kein Vitamin B12 bilden. Wenn Menschen nun tierische Produkte aus der Massentierhaltung konsumieren, liefern diese kein Vitamin B12. Darum geben die Züchter ihren Tieren häufig ein Vitamin B12 Supplement. Mischköstler supplementieren Vitamin B12 also über einen Umweg, wenn auch nur indirekt.
Omega-3
Omega-3-Fettsäuren sind sehr wichtig für die Bildung des Gehirns, die Entzündungshemmung und viele weitere Faktoren. In Pflanzen sind zwar Omega-3-Fettsäuren enthalten, es handelt sich hierbei jedoch um die Vorstufe ALA, welche im Körper erst zu den Wirksamen Fettsäuren EPA und DHA umgewandelt werden muss. Da diese Umwandlung sehr ineffizient ist, sollten Veganer höhere Mengen Omega-3-reiche Lebensmittel konsumieren. Die Vorreiter hierbei sind:
- Leinöl
- Leinsamen
- Chiasamen
- Rapsöl
Diese Lebensmittel enthalten auch wesentlich mehr Omega-3-Fettsäuren als Omega-6-Fettsäuren. Es liefern zwar wesentlich mehr Pflanzen Omega-3-Fettsäuren, diese enthalten dann jedoch meist auch viele Omega-6-Fettsäuren. Dazu zählen:
- Walnussöl
- Hanfsamen
- Nüsse
Da das Verhältnis hier jedoch möglichst dicht an 1:1 gehalten werden sollte, gehört Leinöl, Leinsamen, Chiasamen oder Rapsöl in jede gut geplante vegane Ernährung. Bereits 10-20g Leinöl am Tag können den Bedarf decken. Wer hier nicht streng darauf achten möchte, kann auch ein Supplement nutzen. Algenölkapseln sind ebenso effektiv wie Fischölkapseln und bilden somit eine gute Alternative für Veganer.
Kreatin
Kreatin ist nicht wirklich essenziell. Veganer müssen also nicht darauf achten. Wenn es jedoch darum geht Kraft oder Muskeln aufzubauen, kann Kreatin sehr nützlich sein. So wie Mischköstler hierbei auf Kreatin zurückgreifen, sollten dies auch Veganer tun. Bei Veganern ist es noch etwas interessanter, da Kreatin hauptsächlich in Fisch und Fleisch vorkommt. Sie haben also eine niedrigere Zufuhr. Dies spielt jedoch nur im Sport-Bereich eine Rolle, da der Körper die zum Leben nötige Kreatin-Menge selbst herstellt.
Fazit
Man kann als Veganer definitiv alle Nährstoffe abdecken. Lediglich Vitamin B12 sollte supplementiert werden. Selbst kritische Nährstoffe können mit einfachen Tricks so optimiert werden, dass die bedarfsgerechte Zufuhr problemlos realisierbar wird. Einer veganen Ernährung steht somit also nichts mehr im Weg.
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Samsung_Galaxy
Das ist ja mal ein informativer, sorgfältig mit Liebe zum Detail geschriebener Artikel. Vielen Dank! 🙂
MartinF
Ich habe gelesen, dass Kombucha bzw. die Kultur Vit B12 enthält/erzeugt.
Leider ohne Angabe wieviel.
Und bzgl. der Konversionsrate von ALA zu EPA/DHA. Diese ist ca. 5%.
Das heißt, dass der Veganer 20x siviel Omega3 in Form von ALA zu sich nehmen muss.
Das sprengt schnell mal die Kalorienbilanz.
Jan Rein
Würde nicht auf das B12 in Kombucha vertrauen. Die Rate von ALA in DHA/EPA hängt von verschiedenen Faktoren ab, daher lieber ein Suppelement nehmen.