Bachelorabschluss in der Tasche – und jetzt? Wenn du Ökotrophologie oder Ernährungswissenschaften studiert hast, stehst du jetzt vielleicht vor der Frage: Soll ich noch einen Master machen? In diesem Blogartikel findest du alle Infos zum Masterstudium Ernährungswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Studium Verlauf und Module
Der Master Ernährungswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen besteht aus insgesamt 20 Modulen: acht Kernmodule, acht Profilmodule und der Masterthesis. Zu den Kernmodulen zählen:
- Spezielle Biochemie I
- Spezielle Ernährung des Menschen I
- Praktikum Ernährungsphysiologie
- Ernährung & Stoffwechsel
- Lebensmittellehre
- Pathophysiologie & Ernährungsmedizin
- Methoden der Ernährungsforschung
- Angewandte Ernährungsmedizin
Die restlichen acht Profilmodule kannst du aus einer langen Liste wählen. Die Masterthesis zählt vier Module.
Profilmodule Empfehlungen
Ich kann natürlich nur aus eigener Erfahrung schreiben, aber diese Profilmodule habe ich belegt. Insgesamt brauchst du acht, ich hatte jedoch aus Interesse noch zwei Zusatzleistungen (Clinical Nutrition in Gastrointestinal Disease und Pharma Nutrition) abgelegt. Diese gehen nicht in die Endnote mit ein, stehen aber auf dem Abschlusszeugnis.
- Ernährungsphysiologische Bewertung von Lebensmitteln
- Qualitätsmanagement I (TÜV-Zertifikat)
- Klinische Ernährung
- Sensorik I und II (DLG-Zertifikat)
- Clinical Nutrition in Pediatric Disease (englisch)
- Immunonutrition
- Clinical Nutrition in Gastrointestinal Disease (englisch)
- Pharma Nutrition
Unterschied Ernährungswissenschaften und Ökotrophologie
Im Bachelor habe ich mich für das Ökotrophologie-Studium an der JLU entschieden. Ökotrophologie sind Haushalts- und Ernährungswissenschaften. In den Ernährungswissenschaften liegt der Fokus auf den Naturwissenschaften – empfehlenswert für alle, die später in den Bereich Laborarbeit oder Wissenschaft gehen möchte. Ökotrophologie beschäftigt sich, wie der Name schon sagt, auch mit den wirtschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Aspekten von Ernährung und ist nicht sehr stark auf die Naturwissenschaften konzentriert.
Das bedeutet aber nicht, dass du mit einem Abschluss in Ernährungswissenschaften nur im Labor oder der Forschung arbeiten kannst. Das Spektrum ist sehr groß und du kannst genauso in die Ernährungsberatung, -therapie oder Gemeinschaftsverpflegung.
Module im Studium tauschen
Die Kernmodule sind vorgeschrieben, die Profilmodule kannst du allerdings aus einer langen Liste selbst aussuchen. Hier findest du eine Liste der Profilmodule im FB09 an der JLU. Da zum Fachbereich 09 nicht nur die Studiengänge Ernährungswissenschaften und Ökotrophologie zählen, sind die Module sehr vielseitig. Natürlich kannst du auch Agrar- oder Umweltmodule auswählen. Die Frage ist jedoch, ob das für dich und später Sinn macht. Aber wie gesagt: Die Option besteht.
Zertifikate
Du hast die Möglichkeit nach dem Studium ein Zertifikat von der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) zu erlangen. Dafür musst du gewisse Module belegen. Mit diesem Zertifikat kannst du deinen wissenschaftlichen Bildungsweg später nach außen kommunizieren und z. B. die Ernährungsberatung über Krankenkassen abrechnen. Ohne anerkannte Zertifikaten (auch UGB, VDOe) ist das nicht möglich.
Neben dem Berater-Zertifikat, kannst du auch ein Qualitätsmanagement- und Sensorik-Zertifikat im Rahmen eines Blockmoduls machen. Du kannst dann entscheiden, ob die Note der Prüfung mit in die Endnote eingeht oder du nur das Zertifikat möchtest. Im Studium sind die Zertifikate sehr viel günstiger als wenn du sie später machst. Das TÜV-Zertifikat kostet beispielsweise im Studium etwa 250 €, später um die 2.500–3.000 €. Genauso verhält es sich mit dem DLG-Zertifikat. Das Gute: sie laufen nicht ab und müssen nicht aufgefrischt werden!
Masterarbeit in Ernährungswissenschaften
Meine Masterarbeit habe ich an der Professur für Ernährung des Menschen bei Herrn Prof. Fasshauer geschrieben. Darin ging es um die Rolle von Vitamin D in der Prävention und Therapie von Multipler Sklerose. Ich kann an dieser Stelle nur für diesen Lehrstuhl sprechen, weshalb alle folgenden Informationen nicht allgemeingültig sind. Jeder Lehrstuhl hat unterschiedliche Anforderungen an die Abschlussarbeiten.
Bei Herrn Fasshauer umfasst die Masterarbeit 30 bis maximal 40 Seiten (Bachelor 20–30 Seiten), also im Vergleich ein sehr geringer Umfang. Grund hierbei ist besonders, dass das Thema spitz formuliert und auf den Punkt gebracht ist. Mein Titel war schon recht spezifisch, weshalb ich kein Problem hatte innerhalb dieser Vorgabe zu bleiben.
An diesem Lehrstuhl wird die Arbeit entweder zum 1. März oder 1. September angemeldet bzw. abgegeben. Du hast also insgesamt sechs Monate Zeit und zwischendurch zweimal die Möglichkeit eine Leseprobe abzugeben. Das würde ich dir dringend empfehlen, mir hat es zumindest sehr geholfen! Die Betreuung fand ich jederzeit sehr gut, meine Fragen wurden innerhalb von spätestens drei Tagen beantwortet.
Zur Bewertung kann ich nicht sehr viel sagen, außer, dass ich sie sehr fair finde. Ich selbst hatte eine 1,0 und auch von anderen Kommilitoninnen gehört, dass die schlechteste Note bisher bei 2,3 lag. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Bewertung immer so gut ist und ich kann hier nur von vier Fällen berichten. Aber durch die Leseproben konnte ich schon viel verbessern und so anpassen, wie es von den Prüfern gewünscht wird.
Zulassung und Studienkosten
Der Masterstudiengang Ernährungswissenschaften an der JLU ist seit dem Winteresemester 2018/19 zulassungsbeschränkt. Als ich 2018 angefangen habe, lag der NC bei 2,8 und stieg auf 2,5 im WS 20/21. Hier findest du eine Übersicht aller bisheriger Zulassungsverfahren. Im Sommersemster sind deutlich weniger Plätze zu vergeben, weshalb der NC dort wesentlich höher ist.
Studienkosten JLU Gießen
Die Kosten unterscheiden sich zwischen Erst-Einschreibung und Rückmeldung. Für die Erst-Einschreibung sind die Kosten höher und liegen bei etwa 293 €, für die Rückmeldung bei etwa 280 €. Die Semesterbeiträge ändern sich je nach Semester. Hier findest du immer die aktuellen Kosten.
FAQ – Master Ernährungswissenschaften an der JLU Gießen
Bei Instagram und per Mail werden mir oft Fragen zum Master gestellt. Hier sind die häufigsten und meine Antworten darauf. Viele sind subjektiv und nicht allgemeingültig.
Wie lernintensiv ist der Master im Vergleich zum Bachelor?
Ich persönlich fand das Lernpensum im Master nicht so hoch wie im Bachelor. Das liegt aber auch daran, dass einige Themen wiederholt werden und das Lernen mit Basiswissen generell leichter fällt. Und zudem fand ich die Module auch deutlich interessanter. Abgesehen von meiner persönlichen Meinung habe ich das Gleiche auch von KommilitonInnen gehört.
Ist das Studium sehr theoretisch? Kann man Praxiserfahrung sammeln?
Da kommt es auf die Wahl der Profilmodule an. Im Moment wird es wegen Corona wohl noch theoretischer sein als sonst. Im Praktikum Ernährungsphysiologie waren wir fast ausschließlich im Labor. Für das Modul Pathophysiologie & Ernährungsmedizin sind wir einen Tag in die Klinik und hatten in der Gruppe einen Fall, den wir bearbeitet haben.
Das Profilmodul Klinische Ernährung war am praktischsten bisher. Jeder hatte einen eigenen Patienten, musste eine Anamnese schreiben, Tests durchführen (Blutdruck, Blutzucker, BIA…) und darauf aufbauend eine Empfehlung schreiben. Zudem haben wir im Rahmen des Moduls eine kleine Studie durchgeführt über den Einfluss von Reiskleie auf den Blutzuckerspiegel.
Wie groß ist der Chemie-Anteil im Studium?
Es gibt keine Vorlesung zur allgemeinen Chemie wie im Bachelor. Dafür steht Biochemie auf dem Plan und in manchen Modulen fließt immer mal wieder etwas Biochemie mit ein. Aber hier geht’s wirklich um ernährungsrelevante, passende Themen und weniger die allgemeine Chemie.
Gibt es sinnvolle Bachelormodule als Vorbereitung auf den Master?
Das kommt auch noch mal auf die Wahl der Profilmodule an. Wenn du, wie ich, in die ernährungsmedizinische Richtung gehen möchtest, passen:
- Altersspezifische Ernährung
- Angewandte Diätetik
- Ernährung und Immunsystem
- Ernährung und Leistung
- Grundlagen der Ernährungstherapie
- Molekulare Grundlagen degenerativer Erkrankungen
- Physiologie und Biochemie des Gastrointestinaltraktes
- Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe
Für wen würdest du den Master empfehlen?
Für jeden, der sich dafür interessiert und bestimmte Berufsziele (siehe nächste Frage) hat. Ich selbst habe den Master primär aus Interesse gemacht und weil ich das Gefühl hatte, nach dem Bachelor nicht genug zu wissen.
Für welche Berufsziele würdest du den Master empfehlen?
Es gibt so viele Berufszweige, die du mit einem Master in Ernährungswissenschaften einschlagen kannst. Auch wenn ein Masterabschluss nicht direkt bedeutet, dass die Person mehr weiß und glaubwürdiger ist, zählt es dennoch für Viele. Ein Master kann in diesen Bereichen vorteilhaft sein:
- Lehre
- Journalismus
- Großkonzerne
- Forschung
- (Beratung)
Was jedoch oft noch wichtiger als ein höherer Abschluss ist, sind Fortbildungen und/oder Zertifikate. Dadurch kannst du dich besser positionieren und zeigen, dass du bereit bist, dich auch außerhalb des Studiums weiterzubilden.
Wie »schlimm« ist Biochemie?
Generell habe ich gelernt, nicht viel auf die Bewertung von anderen zu geben. Ob ein Modul »schwer« oder »leicht« ist, ist ganz individuell. Für mich war Biochemie gut machbar, für andere die Hölle. Der Umfang ist recht hoch, wobei die Professur gewechselt hat und ich zur aktuellen Besetzung nichts sagen kann.
Ist nebenher arbeiten machbar?
Es kommt immer darauf an, was und wie viel du arbeiten möchtest/musst. Ich selbst habe während dem gesamten Studium an Satte Sache gearbeitet, was etwa 15–20 Stunden pro Woche in Anspruch genommen hat. In den letzten beiden Semestern habe ich dann noch als Werkstudentin bei der ERNÄHRUNGS UMSCHAU 14 Stunden pro Woche gearbeitet. Wie du siehst, ist arbeiten nebenher möglich.
Wie lief es mit Jobs neben der Uni bei dir?
Da ich mich schon vor Jahren selbstständig gemacht habe mit Satte Sache, hatte ich dieses Projekt das gesamte Studium über. Aber trotzdem habe ich noch Praktika und Werkstudenten-Jobs gemacht, die ich alle sehr gut fand. Und hier hat sich gezeigt, dass eine eigene Präsenz definitiv von Vorteil ist. Ich möchte hier nicht angeben, aber ich wurde überall sofort genommen. Vielleicht eine Motivation, dass du auch was Eigenes startest?
Arbeiten viele nebenher als Werkstudenten oder freiberuflich in der Branche?
Fast alle KommilitonInnen hatten einen Nebenjob. Sei es als WerkstudentIn oder ein Minijob. Freiberuflich war fast niemand. Ich gehe davon aus, dass Viele ihren Job nur als Einnahmequelle gesehen haben, um das Studium zu finanzieren. Oft waren die Jobs auch nicht (direkt) in der Ernährungsbranche.
Wie groß sind die Vorlesungen/Seminare und wie ist die Vernetzung intern und extern?
In Seminaren sind weniger StudentInnen, da diese generell eher für kleine Gruppen konzipiert sind. Es gibt mehr Interaktion und das geht mit 200 Menschen eher schlecht. Aber auch die »normalen« Vorlesungen unterscheiden sich sehr. In manchen sitzen 300 StudentInnen, in anderen nur 20. Das kommt auch immer darauf an, ob es ein Pflichtmodul ist oder nur ein Profilmodul. Zudem sitzen in manchen Vorlesungen, z. B. Biochemie, mehrere Studiengänge zusammen.
Ich persönlich hatte im Studium nie das Gefühl, dass es viele Einzelgänger gibt. Man hat sich gegenseitig so gut es ging unterstützt und ich finde, dass es so viel schöner ist. Zusammenfassungen, Altklausuren oder Mitschriften wurden weitergegeben und haben mir und anderen das Studium sehr erleichtert. Und warum auch nicht? Was bringt es als Einzelgänger mit einem (eventuell) sehr guten Abschluss rauszugehen?
Würdest du den Master noch einmal machen? Warum an der JLU und nicht woanders?
Ich würde den Master definitiv noch mal machen. Ich hatte nach dem Bachelor-Abschluss nicht das Gefühl bereit für die Berufswelt zu sein. Und in den zwei Jahren habe ich mehr als doppelt so viel gelernt wie in drei Jahren Bachelorstudium. Vor allem habe ich mich, für mich, richtig entschieden und Ernährungswissenschaften statt Ökotrophologie gewählt. Da ich keinen Vergleich zu anderen Unis habe, kann ich nur für die JLU sprechen und da war ich sehr zufrieden.
Bist du gut mit Statistik klargekommen?
Nicht wirklich. Aber wir hatten eine Lerngruppe und uns gegenseitig unterstützt. Das Programm »R« und ich werden keine Freunde. Und durch die gegenseitige Hilfe bin ich dann auch recht gut durchgekommen. Die Ökotrophologie-StudentInnen mussten das Modul etwas intensiver und länger machen.
Was sind deine Pläne nach dem Masterstudium in Bezug auf Arbeit?
Nach dem Abschluss schreibe ich erstmal meine zwei Bücher und konzentriere mich auf Satte Sache. Ich hab also genug zu tun und möchte auch erstmal keinen zweiten Job. Was in ein paar Jahren ist, weiß ich nicht. Es kann sein, dass sich bis dahin wieder Einiges ändert und meine Einstellung anders ist. Aber im Moment kann ich mir nichts Besseres für mich vorstellen.
Wie gut kann man aktiv bei Forschungsprojekten unterstützen/mitarbeiten?
Vermutlich geht das als HiWi (Wissenschaftliche Hilfskraft) am besten. Durch direkte Arbeit am Lehrstuhl kann es passieren, dass man auch an einem aktuellen Forschungsprojekt aktiv mitarbeitet. Ich habe auch ein Jahr als HiWi gearbeitet, dort jedoch keine Forschung unterstützen können.
Fazit – Master Ernährungswissenschaften an der JLU
Ich bin wirklich sehr froh, dass ich mich entschieden habe den Master zu machen. Die Module waren fast alle sehr spannend und ich hab deutlich mehr gelernt als im Bachelor. Zwar hätte ich mir viele Dinge auch selbst anlesen können, aber es gibt doch einen großen Unterschied. An der Uni vermitteln die ProfessorInnen und DozentInnen bestenfalls (so war es bei mir) den aktuellen wissenschaftlichen Stand.
Insgesamt habe ich jetzt sechs Jahre an der JLU studiert. Den Bachelor in Ökotrophologie und Master in Ernährungswissenschaften. Ich kann die Uni und das Fach wirklich sehr empfehlen und würde es jederzeit wieder wählen. Für was auch immer du dich entscheidest: Ich wünsche dir viel Erfolg!
Bis bald
deine Laura
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